3D-Druck in der Automobilindustrie

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Schon sehr früh in der Evolution des 3D-Drucks setzte die Automobilindustrie auf die Vorteile der additiven Fertigung.
Anfangs sorgte der 3D-Druck in erster Linie im iterativen Prozess des Prototypings für enorme Vorteile in der Entwicklung von Fahrzeugen.
Mittlerweile bildet der 3D-Druck, neben dem Prototyping – der bis heute nach wie vor zu den häufigsten Anwendungen additiver Fertigung im Bereich Automotive zählt –, einen signifikanten Anteil an der Fertigung von Endbauteilen, Ersatzteilen und Betriebshilfsmitteln.

Wir haben das BMW-Werk in München besucht und beeindruckende wie hilfreiche Insights zum Thema 3D-Druck in der Automobilindustrie bekommen.


3D-Druck im BMW-Werk München

Warum nutzen Automobilhersteller den 3D-Druck?
Welche Vorteile bietet die additive Fertigung gegenüber herkömmlicher Fertigung für die Automobilindustrie?

Gewichtsersparnis:
Moderne Kunststoffe, wie Hochleistungspolymere oder kohlefaserverstärkte technische Filamente und Nylon-Pulver, weisen eine hohe Belastungsfähigkeit angesichts auf das Bauteil einwirkender Zug- und Schlagkräfte, sowie eine hohe thermische und chemische Resistenz, bei einem wesentlich geringeren Gewicht als z. B. Stahl auf.

Rentablere Fertigung:
Besonders filigrane oder individualisierte Bauteile in der Kleinserienfertigung sind nur mittels 3D-Druck rentabel umsetzbar.
Komplexe bzw. Topologie optimierte Bauteile, die ohne 3D-Druck oft aus mehreren Einzelteilen gefertigt werden müssen, sind mit der additiven Fertigung in einem Arbeitsschritt und damit schneller, einfacher und kostengünstiger zu fertigen.

Kostensenkung und kürzere bzw. wegfallende Lieferketten durch inhouse-on demand-Fertigung:
Die Möglichkeit, Betriebshilfsmittel und Ersatzteile direkt vor Ort und nur bei akutem Bedarf zu fertigen, senkt sofort messbar die Kosten für Lagerhaltung und Logistik. Und die zunehmende Unabhängigkeit von externen Lieferanten löst die Probleme der betriebswirtschaftlich schädigenden Lieferausfälle und zu hoher Beschaffungs- und Transportkosten angesichts der aktuellen und künftigen weltweiten Krisen.

Nachhaltigkeit:
Beim 3D-Druck sinkt der Materialverbrauch einhergehend mit Materialabfällen im Vergleich zu herkömmlichen Fertigungsverfahren, bei denen geschliffen oder gefräst wird drastisch. Bauteile aus Kunststoff, z. B. Greifer und Halterungen an Fertigungsrobotern, die mittels 3D-Druck um Vieles leichter sind als ihre Vorgänger aus Metall, verbessern deutlich die Energiebilanz der Produktionslinie.
Einige Autobauer gewinnen beispielsweise durch Upcycling von kunststoffbasiertem Verpackungsmaterial in einem betriebsinternen Prozess technische Filamente bzw. Granulate, die wiederum an Ort und Stelle zu Betriebshilfsmitteln wie Werkzeugen und Vorrichtungen in 3D gedruckt werden.

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Was wird in der Automobilindustrie 3D gedruckt?

Als der 3D-Druck in der Industrie angekommen war, ist es die Automobilindustrie gewesen, die die Vorteile dieser Technologie sehr schnell für den iterativen Prozess des Prototypings auf der Habenseite verbuchen konnte.
Anfangs wurden Designprototypen gefertigt. Später, mit der Verbreitung von Hochleistungs- und faserverstärkten Kunststoffen sowie der dazu erforderlichen 3D-Drucker, wurden auch Funktionsprototypen, die den Belastungen in der späteren funktionalen Umgebung des Bauteils standhalten konnten, gefertigt.
Mittlerweile ist die Automobilindustrie so stark mit der additiven Fertigung verwoben, dass eine stetig wachsende Anzahl an Anwendungen mit 3D-Druckern realisiert werden.

3D-Druck-Anwendungen in der Automobilindustrie:

  • Prototyping
    • Design und Funktion
  • Tooling / Betriebshilfsmittel und Werkzeuge
    • z. B. Einstellhilfen, Greifer, Halterungen, Produktionshilfen, Schablonen und Führungen
  • Ersatzteile
    • wie bei Oldtimern, deren Ersatzteile nicht mehr lieferbar, bzw. sehr teuer und aufwändig zu beschaffen sind
  • Endbauteile
    • Teile für Armaturen
    • oder beispielsweise die Führungsschiene für das Fenster oder die Halterungen für das Soft-Top-Verdeck des BMW i8

3d-druck-automobilindustrie-bmw-leichtbaugreifer Leichtbaugreifer

Wie wird additiv gefertigt, welche 3D-Druck-Verfahren finden in der Automobilindustrie Verwendung?

Hier bestimmt die Anwendung das zu verwendende Verfahren:

  • FDM mit Standard- und technischen Kunststoffen für Design- und Funktionsprototypen und Ersatzteile
  • FDM mit faserverstärkten Polymeren für Funktionsprototypen, Betriebshilfsmittel und Ersatzteile
  • SLA für die Fertigung von Spritzgussformen und beim Molding mit hoher Oberflächengüte und Detailgenauigkeit
  • SLS für individualisierte Kleinserien und hochkomplexe Bauteile
  • Metall-Binder-Jetting für die Serienproduktion von Metall-Endbauteilen

3d-druck-automobilindustrie-bmw-einstellhilfe-im-bcn3d-drucker Die Einstellhilfe wurde im BCN3D Epsilon W50 gedruckt

Welche Automobilhersteller setzen verstärkt auf den 3D-Druck?

Das ist ganz einfach beantwortet: ALLE.

Wir haben uns jedoch einen ganz interessanten Automobilhersteller auserkoren. Bei BMW wurden in den letzten Jahren über 1 Million Teile mittels 3D-Druck hergestellt.

Grund genug für uns, in die bayrische Landeshauptstadt zu fahren und uns dort mit Kamera, Mikrofon, Drohne und vielen Fragen im Gepäck im BMW-Werk München ganz genau umzuschauen.

Warum die Ingenieure und Produktionsmitarbeiter bei BMW in München auf den 3D-Druck setzen.

"Bei uns um BMW Werk München wird jedes Modell in der gleichen Linie gefertigt, der 3D-Druck unterstützt uns da enorm. Wir können schnell, flexibel und kostengünstig vor Ort neue Sachen ausprobieren, Teile rentabler und optimiert gestalten und in die Anlage bringen. Nahezu jeder Prozess ist bei uns mit dem 3D-Druck optimierbar. Das ist auf jeden Fall eine riesengroße Hilfe",
empfängt uns Julian Lorenz – Maschinenbauingenieur bei BMW-Group im Werk München.

Wie beispielsweise im Karosseriebau im Werk München, wo Greifer und Halterungen ständig optimiert werden, um die maximale Präzision und Effizienz zu gewährleisten.

3d-druck-automobilindustrie-bmw-christophniksch-julianlorenz Christoph Niksch und Julian Lorenz im Gespräch

Christoph Niksch – Head of Direct Sales bei IGO3D – ergänzt:
"Am Beispiel eines Leichtbaugreifers können wir die Vorteile, die der 3D-Druck bietet, ganz klar und deutlich erkennen. Die Montage ist viel einfacher, die Montageschritte sind weniger und das Bauteil ist leichter als sein Vorgänger aus Metall. Und durch die Inhouse-Fertigung zu dem noch schneller verfügbar. Das spart effektiv Zeit, Energie und Kosten.",

Wie der 3D-Druck Prozesse vereinfachen kann, sehen wir im Anwendungsbeispiel einer Einstellhilfe für die Heckklappe der Fahrzeuge.

3d-druck-automobilindustrie-bmw-einstellhilfe Die Einstellhilfe im Einsatz am Hinterbau des Fahrzeugs

Schau dir hier die komplette Story dazu an:
3D-Druck in der Automobilindustrie im BMW Werk München

Fazit und Ausblick

Der 3D-Druck hat seinen festen Platz in den Entwicklungs- und Produktionsabteilungen bei den Automobilherstellern gefunden. Vor allem die Aspekte wie Kosten- und Zeiteinsparung, die Unabhängigkeit von Lieferketten und die Möglichkeit, nachhaltig umwelt- und klimabewusst zu fertigen überzeugt immer mehr Entscheidungsträger, der additiven Fertigung einen signifikant breiten Raum zu geben.

Julian Lorenz sagt abschließend:

"Der 3D-Druck wird sich bei uns in der Zentralwerkstatt und im Werk definitiv weiterentwickeln. Wir freuen uns darauf, neue Verfahren in neue Produktionsanlagen zu integrieren. Es wird eine große Entwicklung geben."

Im Pilotwerk des Münchner Forschungs- und Innovationszentrums (FIZ) startet derzeit die BMW Group die Produktion seines Wasserstoff-Fahrzeugs BMW iX5 Hydrogen in einer Kleinserie.
Wir bleiben gespannt, was die Zukunft mit uns vorhat.

3d-druck-automobilindustrie-hydrogen-bmw Foto: BMW Group


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